Glück zum Öffnen

von Tatjana Müksch

Wer kennt ihn nicht, den Glückskeks? Er schmeckt meistens sehr bescheiden, eigentlich gar nicht. Aber die meisten öffnen ihn dennoch, wegen seines Inhalts (übrigens: spitze für die Hersteller, denn er kommt selten zweimal auf den Tisch). Seinen globalen Siegeszug im Laufe des 20. Jahrhunderts hat er geschäftstüchtigen amerikanischen Chinesen zu verdanken. Das ist nachweisbar, denn noch heute sind es hauptsächlich US-Amerikanische „Fortune Cookie“-Dynastien, die den Weltbedarf decken.

Doch der Glückskeks, das weiß man seit 2004, kommt nicht wie man gemein denkt aus China, sondern er hat japanische Wurzeln. Diese Erkenntnis hat man der japanischen Forscherin Yasuko Nkamachi zu verdanken.
Heute werden weltweit ca. 3 Milliarden Glücks­kekse pro Jahr gebacken, die meisten davon geschichtsbedingt in den USA.
Und was so manchen Touristen erstaunt, in China sucht man das Gebäck vergeblich. Denn in der chinesischen Küche haben Desserts keine Tradition, sie sind der unbedeutendste Gang des Menüs.

Nachweislich seit 1878 wurden und werden die Kekse in Japan mit Hilfe eines speziellen Waffeleisens gebacken und in der Nähe traditioneller Shinto-Schreine verkauft. Die lediglich 23 Sprüche, die es gibt, sind weniger prophetisch als poetischer Natur. Zum Vergleich: Heute besitzt das in New York ansässige Unternehmen Wonton Food einen Datensatz von 10.000 eher unpoetischen Sprüchen.

Der Siegeszug der Fortune Cookies begann um die Jahrhundertwende. Im kulturellen Gepäck der japanischen Einwanderer kam die Keks-Tradition über den Pazifik nach Kalifornien. Matoko Hagiwara eröffnete um 1900 ein Teehaus in San Francisco und bot zum Tee diese Spezialität an. Mit Erfolg. Die Nachfrage war derart groß, dass an der Westküste asiatische Bäckereien nur so aus dem Boden schossen.

Ein jähes Ende fand die japanische Dominanz in der „Fortune Cookie“-Branche während des zweiten Weltkriegs. Nach dem Angriff auf Pearl Harbor, erließ Franklin D. Roosevelt die „Executive Order 9066“, die zur Vertreibung und Internierung von Japanern und japanischstämmigen Amerikanern führte.

Damit war für die Chinesen der Weg in die Glückskeks-Branche geebnet. Sie kommerzialisierten die Produktion und schon Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurden um die 250 Millionen Kekse von neugierigen Res­taurantbesuchern rund um den Globus geöffnet und verspeist.

Ach ja: Es soll zudem eine erstaunliche Korrelation zwischen Glückskeksnummern und den richtigen Lottozahlen in der brasilianischen Lotterie geben.